Doku "OEKONOMIA" im Filmcasino: Wir diskutierten mit
Doku "OEKONOMIA" im Filmcasino: Wir diskutierten mit
Am 29. Juni waren wir Teil der Filmvorführung von "OEKONOMIA" bzw. der darauffolgenden Podiumsdiskussion: Genossenschaftsvorstand Fritz Fessler nahm neben den Ökonomen Stephan Schulmeister (im Bild links) und Paul Pichler (2.v.l.) im ausverkauften Saal des Wiener Filmcasinos am Podium Platz. Moderiert wurde der Abend von Christina Buczko.
Die Filmemacherin Carmen Losmann analysiert in ihrem Dokumentarfilm anhand von Interviews u.a. mit Mitarbeiter*innen privater Banken und Vermögensverwalter sowie der Europäischen Zentralbank unser heutiges Geldsystem als den „Maschinenraum des Kapitalismus“. Sie versucht aufzuzeigen, dass stetiges Wachstum auch eine steigende Gesamtmenge an Geld erfordert. Die Interviews zeigten, dass dabei das Bewusstsein vor allem für eine Frage fehlt: Woher kommt eigentlich das Geld für das erwünschte Wachstum? Der Film sieht im Geldsystem in seiner heutigen Gestalt die Ursache für einen beständigen Wachstumszwang: der Wirtschaft, der Schulden – insbesondere der Staatsverschuldung – sowie der privaten Vermögen und deren zunehmender Konzentration in den Händen weniger, und charakterisiert es zugleich als „Glaubensgebäude“.
Bei der anschließenden Diskussion bestand weitestgehend Einigkeit, dass das Unterfangen, derart umfangreiche und komplexe Fragen in 90 Minuten zu beantworten, kaum gelingen kann. Der Film erklärt aus Sicht der Podiumsteilnehmer sehr gut die moderne (Giral-)Geldschöpfung, greift jedoch bei der Erklärung der größeren Zusammenhänge, so etwa Stephan Schulmeister, leider zu kurz. Paul Pichler wies darauf hin, dass im Film verschiedene Aspekte ausgeblendet bleiben oder verzerrt dargestellt werden. So wurde etwa neu geschöpftes Geld häufig als jener Motor dargestellt, im Wirtschaftskreislauf verbleibendes "altes" Geld jedoch de facto ausgeblendet. Oder: Im Film wird behauptet, dass heute für den Ankauf eines Waldgrundstück nur noch ein Kredit erhältlich ist, wenn der Wald daraufhin bewirtschaftet wird. Das stimme so nicht: Die Bank interessiert sich für die Rückzahlung des Kredits, nicht, woher das Geld dafür kommt.
Dass das Interesse seitens des Publikums sehr groß war, zeigte sich an der regen Beteiligung an der Diskussion mit den Experten am Podium. Im Film werden sowohl die sozialen – ungleiche Vermögensverteilung und das rasche Anwachsen bereits vorhandener Vermögen z.B. durch Renditen auf Investitionen – sowie die ökologischen Folgen – Raubbau an der Natur – gezeigt. Dies stieß auf große Resonanz.
So wurde etwa besprochen, warum unser heutiges Geldsystem derart komplex ist und seine Funktionsweise sogar von Menschen, die in der Finanzindustrie arbeiten, oft nur ansatzweise verstanden wird. Tatsächlich hatten die Zuschauer*innen während des Films teils amüsiert, teils schockiert beobachtet, wie es die Vertreter der Finanzwirtschaft (ausschließlich Männer) „aufblattelte“. In diesem Zusammenhang wurde in der Diskussion auch die Rolle von Bildung, Wissenschaft und universitärer Lehre thematisiert. Paul Pichler wies darauf hin, dass das moderne Geldwesen und Geldschöpfung in Lehrbüchern kaum vorkomme, zumindest an seinem Institut (Department of Economics, Univ. Wien) jedoch sehr wohl gelehrt werden.
Die Frage, wie es anders gehen könnte, bleibt im Film leider außen vor. Wie könnte ein Geldsystem ohne Wachstumszwang aussehen? Hier wies Stephan Schulmeister darauf hin, dass diese Frage aus seiner Sicht falsch gestellt sei. Es gehe vor allem darum, durch bessere Regeln die verheerenden Folgen des "Finanzmarktkapitalimus" zu vermeiden. Ein konkreter Vorschlag von ihm lautete, dass Online-Auktionen im Drei-Stunden-Rhythmus die aktuell im Nanosekundentakt stattfindenden Finanztransaktionen ersetzen sollten.
Als Genossenschaft für Gemeinwohl bringen wir an dieser Stelle unseren Lösungsansatz wohl nicht nur für den Wandel des Geldsystems, sondern für so viele andere Krisen unserer Zeit vor: Gemeinschaft. In diesem Sinne bist du herzlich eingeladen, dir z.B. mit unserem MONEYFEST ein Bild unserer Arbeit zu machen und – wenn ausreichend überzeugt – auf deine Weise beizutragen: www.gemeinwohl.coop/angebot