Geld gemeinsam gestalten – mit Alexandra Adler
Geld gemeinsam gestalten – mit Alexandra Adler
Alexandra Adler (1.v.r., hinten) ist seit 2020 Mitglied der Genossenschaft für Gemeinwohl. Sie ist Gastronomin und Nachhaltigkeitsberaterin, u.a. bei den Future Business Consultants (Bild). Im Gespräch mit Anna Erber ging es um Geld als Treiber für ein gutes Leben, um Gemeinwohl-Überforderung und nachhaltige Lebensmittel – ja, man kann auch Donuts dazurechnen :)
Liebe Alexandra, was bedeutet Geld für dich?
Ich glaube, Geld ist wichtig, um ein gutes Leben führen zu können, was auch immer das dann individuell bedeutet. Persönlich finde ich wichtig, ausreichend zur Verfügung zu haben, um nicht dauernd im Stress zu sein, aber sich auch die Frage zu stellen, wie viel ist eigentlich genug. Ich versuche, das individuelle Wohlbefinden mit der finanziellen Situation abzuklären: Wieviel brauche ich, was ist notwendig, damit ich mir das leisten kann, was ich mir leisten will. In meinem Fall sind das z.B. gute ökologische Lebensmittel – da hat wahrscheinlich jeder seine anderen Schwerpunkte. Eine andere Frage ist, wo möchte man seinen Beitrag leisten, dafür braucht man einfach Geld. Geld ist ein wichtiger Treiber und macht – aus unserer Gemeinwohl- und Genossenschaftssicht gesprochen – möglichst nachhaltige Dinge und ein gutes Leben möglich!
Wie siehst du für dich Gemeinwohl?
Mir fällt dazu immer wieder diese Regel ein, „Die individuelle Freiheit endet dort, wo die Freiheit der anderen eingeschränkt wird.“ Ich denke, dass passt in dem Zusammenhang gut, weil es auch eine Aussage über die Zukunft trifft. Alle Themen, von denen wir schon sehr lange wissen, dass sie eine nachhaltige Entwicklung gefährden und jüngere Generationen aber auch unsere späteren Jahre betreffen, der übermäßige Ressourcenverbrauch etc., all das spielt für mich eine Rolle, wenn wir über Gemeinwohl reden. Es muss allen anderen auch möglich sein, ein gutes Leben zu führen, nur dann handeln wir wirklich sinnvoll und ethisch vertretbar. Ich nehme an, als Team werdet ihr oft nach einer differenzierten Definition von Gemeinwohl gefragt? Gibt es die?
In unserem Moneyfest steht etwas dazu drin, ja. Sinngemäß, das Gemeinwohl ist auf menschliche Bedürfnisse auszurichten, im Einklang mit der Natur – und man muss es kontinuierlich neu definieren für jede Unternehmung, für jede Situation unter allen Betroffenen und Beteiligten. Mich überfordert der Gedanke ein wenig, weil es bedeutet, ständig in Beziehung gehen, immer den Dialog suchen zu müssen ... Aber ich habe auch keine andere Erklärung – für mich ist es das.
Es ist ein riesiger Begriff, und die Überforderung kommt wohl, wenn man meint für das „ganze“ Gemeinwohl, den „ganzen“ Klimawandel etc. zuständig zu sein. Ich kenne es von den Wirtschaftskonzepten, die wir [als Berater*innen, Anm.] erarbeiten, auch über die Einflussgrenzen einer Unternehmung nachdenken zu müssen – wo ist die Grenze der Verantwortung. Darüber kann man auch individuell nachdenken.
Genau – was kann ich wirklich sinnvoll beitragen. Magst du noch mehr über dich erzählen, und was dich gerade beschäftigt?
(lacht) Da werden wir nicht fertig in 20 Minuten. Also ich bin Beraterin für Unternehmen und Organisationen, die sich mit Nachhaltigkeit beschäftigen wollen. Mit meinem Geschäftspartner Michael Bauer-Leeb zusammen mache ich das über die Firma Weitsicht – büro für zukunftsfähige wirtschaft, und im letzten Jahr haben wir uns mit einigen Kolleg*innen zusammengetan, um ein kooperatives Netzwerk und eine Art Dachmarke zu bilden. Jede und jeder hat unterschiedliche Fachkompetenzen oder Spezialisierungen. Eine spannende Sache – wir nennen uns Future Business Consultants mit dem claim „Sustain your Ability“.
Heute kommt wohl kein Unternehmen mehr daran vorbei, sich zu fragen, warum gibt es mich als Unternehmen eigentlich, wie dienen wir dem Gemeinwohl mit welcher Leistung, Dienstleistung oder Produkt, und wie können wir das nachhaltig gestalten.
Als Leitrahmen für unsere Arbeit haben wir uns die SDGs und die Donut-Ökonomie gegeben, weil die gut aufzeigen, wie wir mit unserem Wirtschaften aktuell die planetaren Grenzen überschreiten, und wie wir innerhalb dieser roten Bereiche bleiben können.
Warum macht es Sinn, die Begleitung solcher Unternehmen in einer Kooperation anzubieten?
Man schaut, welchem Schwerpunkt sich die Organisation widmen will – und dafür haben wir im Netzwerk mehr unterschiedliche Kompetenzen. Manche Unternehmen wollen sich eher ökologisch weiterentwickeln, andere wollen sich als ersten Schritt lieber intern demokratisieren und die Abläufe und Strukturen verändern. Andere wollen sich mehr dem Raum oder Arbeitsklima oder auch diesen sogenannten neuen Arbeitswelten widmen. Nachhaltigkeit ist ein unglaubliches Querschnittsthema – es geht darum, die Auswirkungen abseits vom Produkt oder der Dienstleistung in den Blick zu bekommen. Und jede Organisation entscheidet dann, wo sie gerade als erstes hinschauen möchte oder kann, das ist natürlich auch ein Prozess.
Super – ihr scheint ja die eierlegende Wollmilchsau unter den Beratern zu sein :)
(lacht) Ich möchte auch noch mein anderes Standbein erwähnen, weil meine Vorstellung sonst nicht vollständig wäre: Ein Lokalprojekt in Korneuburg, mit dem wir zeigen wollen, was in punkto nachhaltig Wirtschaften alles möglich ist, und dass Genuss, Gesundheit, Gemeinwohl, Nachhaltigkeit gemeinsam gedacht werden können. Nachhaltiges Essen ist schon immer ein Thema für mich gewesen. Wir haben uns für die Lokalgründung nicht die einfachste Zeit ausgesucht (mit der Pandemie), aber die Idee, dort eine Community aufzubauen und mit ihr gemeinsam einige SDGs umzusetzen, treibt uns weiter! Auf www.sain.at ist mehr darüber zu finden.
Das klingt toll! ... Letzte Frage: Kannst du dich noch erinnern, warum du bei der Genossenschaft für Gemeinwohl Mitglied geworden bist?
Ja klar – wie ich mit Michael Weitsicht gegründet habe, gab es bzgl. nachhaltigem Geschäftskonto leider genau gar nichts in Österreich. Wir haben uns mit einer konventionellen Bank als Zwischenlösung begnügt und wurden dann auf die geplante „Bank für Gemeinwohl“ aufmerksam. Das Thema Geld gehört ja immer dazu: Jeder und jede hat die Möglichkeit, mit seinen eigenen Finanzen, Anlagen und Bankkonten zu schauen, was passiert mit meinem Geld. Als dann das Umweltcenter Gunskirchen das Gemeinwohlkonto angeboten hat, war ganz klar, jetzt muss das gemacht werden :)
Sehr schön zu hören :)
Danke für das Gespräch!