Geld für eine alte Welt? Doch besser für eine neue!
Geld für eine alte Welt? Doch besser für eine neue!
Letzte Woche war es wieder einmal so weit: Eine große Bank musste eine kleinere übernehmen, nachdem sie in finanzielle Schwierigkeiten geraten war. Dieses Mal war die mediale Aufmerksamkeit jedoch deutlich geringer. Dies erstaunt nicht zuletzt deshalb, weil immer deutlicher wird, dass es hier am „System“ oder der Struktur der heutigen Finanzwirtschaft liegt. Doch es gab letzte Woche auch eine erfreuliche Nachricht: Die UNO weist darauf hin, dass es mehr Geld für eine soziale und solidarische Wirtschaft braucht. Das meinen wir auch. Denn Geld muss dem Gemeinwohl dienen. Und sonst nichts und niemandem.
Im ersten Quartal dieses Jahres zogen Anleger:innen mehrere Milliarden Dollar von der Bank ab. Daraufhin brach ihr Aktienkurs ein und die Aufsichtsbehörde bemühte sich um ein Übernahmeangebot eines anderen Finanzinstituts. Den Zuschlag erhielt schließlich die landesweit größte Bank. UBS übernahm also Credit Suisse? Moment mal… Das war doch bereits im März? Stimmt. Vergangenes Wochenende (Ende April) war es JPMorgan Chase, die größte US-Bank, die die marode First Republic Bank schluckte[1]. Es ist also schon wieder passiert, dass eine Bank von einer anderen Großbank „gerettet“ und ein Teil der Verluste von der staatlichen Einlagensicherung getragen wurde. Liegt hier nicht vielleicht doch ein strukturelles Problem dahinter?
Die alte Welt liegt im Sterben…
„Die alte Welt liegt im Sterben, die neue ist noch nicht geboren.“ Mit diesen Worten beschrieb der italienische Philosoph und Politiker Antonio Gramsci die Welt der Zwischenkriegszeit vor rund 100 Jahren. Betrachtet man die heutige Finanzwelt, drängt sich dieser Gedanke neuerlich auf. Nach der großen Finanz- und Wirtschaftskrise ab 2008 wurden zu große Banken erstmals von einer breiteren Öffentlichkeit als Risiko („too big to fail“) wahrgenommen. Und es wurden Maßnahmen versprochen, um dieses Risiko zu bekämpfen.
Warum sind große Banken ein Problem?
Weil im Falle eines Zusammenbruchs die gesamte Finanzwirtschaft in Mitleidenschaft gezogen werden könnte. Eines der wichtigsten historischen Lehrbeispiele dafür stellt die Pleite der österreichischen Credit-Anstalt in den 1930er Jahren dar, die in eine große Wirtschaftskrise mündete und in Europa den Weg zu Faschismus und Nationalsozialismus ebnete. Aktuell beobachten wir nun, dass große Banken mit staatlicher Unterstützung noch größer werden. 2022 gab es laut dem in Basel ansässigen Finanzstabilitätsrat (Financial Stability Board, FSB), dessen Aufgabe darin besteht, die Finanzwirtschaft zu überwachen, 30 global systemrelevante Banken. Die größte davon: JPMorgan Chase.
Große Banken sind jedoch nicht nur wegen ihrer Größe ein Problem, sondern auch wegen ihres Geschäftsmodells. Ein vor kurzem von Banktrack, Reclaim Finance, Urgewald u.a. veröffentlichter Bericht[2] zeigt, dass seit der Verabschiedung des Pariser Klima-Abkommens im Jahr 2015 die 60 größten Privatbanken der Welt insgesamt 5,5 Billionen US-Dollar in fossile Brennstoffe steckten. Der größte Investor in fossile Energien: JPMorgan Chase.[3]
Welche Maßnahmen trifft die Europäische Zentralbank in der Zwischenzeit?
Nach der US-amerikanischen FED erhöhte auch die Europäische Zentralbank (EZB) diese Woche den Leitzins von 3,5% auf 3,75%. Ob dies, wie beabsichtigt, die hohe Inflation im Euro-Raum, die aktuell auch im reichen Österreich immer mehr Menschen in die Armut treibt, beeinflussen wird, wird sich zeigen. Bankkund:innen bemerken diesen Schritt einstweilen zwar nicht bei ihren Sparguthaben, jedoch bei den Kreditzinsen. Für Geschäftsbanken wiederum erhöht sich einerseits der Spielraum in ihrer Geschäftspolitik, jedoch bergen steigende Zinsen andererseits auch Risiken. Denn nach der langen Niedrigzinsphase bewirkt die Zinserhöhung, dass alte Anleihen im Wert sinken und es für Banken dadurch teurer wird, neues Zentralbankgeld abzurufen. Dies wurde zuletzt etwa der US-amerikanischen Silicon Valley Bank (SVB) zum Verhängnis.[4]
… die neue Welt ist noch nicht geboren?
Doch, im Kleinen gibt es sie bereits! Wir als Genossenschaft für Gemeinwohl setzen uns seit unserer Gründung für ein Finanzsystem ein, das dem Gemeinwohl dient. Und haben bereits erste wichtige Schritte in diese Richtung gesetzt. Der wohl einfachste Weg, selbst einen Beitrag zu leisten, ist unser Gemeinwohlkonto, das wir in Kooperation mit dem Umweltcenter der Raiffeisenbank Gunskirchen anbieten. Damit werden garantiert – in Höhe der Einlagen auf allen Gemeinwohlkonten – ausschließlich nachhaltige, regionale Investitionen getätigt. Bisher waren das 17 Millionen Euro. Wir arbeiten daran, diesen Protoypen mit weiteren Bankpartnerinnen umzusetzen. Auch mit unserem Gemeinwohl-Crowdfunding konnten wir bereits weitere 1,3 Millionen Euro in nachhaltige, gemeinwohl-orientierte Unternehmen und Projekte leiten.
Geld für eine soziale und solidarische Wirtschaft ist der Weg zu Nachhaltigkeit – und zum Gemeinwohl
Dass wir mit unserer Arbeit auf einem guten Weg sind, wurde uns nun sogar von den Vereinten Nationen bestätigt. Auf ihrer 66. Plenarsitzung verabschiedete die UN-Generalversammlung eine Resolution mit dem Titel "Förderung der Sozial- und Solidarökonomie für nachhaltige Entwicklung" (A/77/L.60). Darin wird der Wert einer sozialen und solidarischen Ökonomie für die Erreichung der globalen Nachhaltigkeitsziele (SDGs) hervorgehoben. Mit dieser Resolution werden unter anderem alle multilateralen, internationalen wie auch regionalen Finanzinstitutionen und Banken ermutigt, diese Form des Wirtschaftens mit bestehenden und neuen Finanzinstrumenten und -mechanismen zu unterstützen.
Als Mitglied unserer Genossenschaft für Gemeinwohl kannst auch du bereits heute genau dazu beitragen. Denn es ist nicht egal, was mit unserem Geld passiert. Gemeinsam können wir das Geld, die Gesellschaft und unsere “Welt” neu sehen und gestalten!
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[1] https://orf.at/stories/3314620/ (3.5.2023)
[2] https://www.bankingonclimatechaos.org/wp-content/uploads/2023/04/BOCC_2023_vFinal-4-19.pdf (3.5.2023)
[3] https://www.ecb.europa.eu/press/pr/date/2023/html/ecb.mp230504~cdfd11a697.en.html (3.5.2023)
[4] Diese Frage behandelten wir auch in unserem Webinar „Droht uns die nächste Bankenkrise“ am 29.3.2023, das hier zum Nachhören bereit steht.