Direkt zum Inhalt

Geld gemeinsam gestalten – mit Bernhard Haas

Bernhard Haas
Dienstag, 29. März 2022

Geld gemeinsam gestalten – mit Bernhard Haas

Bernhard Haas ist Mitglied seit 2015 und bereichert als „Aktiver“ unsere Genossenschaft immer wieder mit Tatkraft, Witz und ansteckender Begeisterung. „Reich ist nicht derjenige, der viel hat, sondern der, der nicht viel braucht“ ist eins seiner Lieblingsmottos – was für ihn dahinter steckt, das erzählt er im Gespräch mit Anna Erber.

 

Lieber Bernhard, was bedeutet Geld für dich?

 

Für mich hat Geld hauptsächlich zwei Funktionen: Es ist ein Tauschmittel, das es uns ermöglicht, relativ einfach Waren und Dienstleistungen zu tauschen. Das finde ich sehr sinnvoll! Zweite Funktion: Wertaufbewahrung. Da nimmt man üblicherweise Dinge, die sich nicht so leicht verändern oder verrotten, man nimmt z.B. keine Zwiebel ... Also Geld, egal ob Muscheln oder eben in dieser Form mit Münzen und Scheinen. Diese Wertaufbewahrungsfunktion finde ich zur Zeit auch sehr spannend – mit einer Inflation von so 6% funktioniert das dann anscheinend nicht mehr so gut, wenn das länger so bleibt. Aber das führt zu einer intensiven Gelddiskussion, in der ich ehrlich gesagt nicht mehr ganz firm bin. Vor 10, 12 Jahren habe ich mich mehr damit beschäftigt.

 

Was war vor 10, 12 Jahren?

 

Da ist bei uns in der Region (Wienerwald rund um Purkersdorf, Gablitz, Anm.) eine Attac-Regionalgruppe neu gegründet worden, und in dieser Gruppe habe ich mich mit Geldsystem, Geldschöpfung usw. beschäftigt. Und ich habe mir für mich eine Theorie zusammengezimmert, von der ich glaube, dass sie stimmen könnte, und die einfach genug ist, dass ich sie mir merke. Fazit: Unser Geldsystem, mit der Geldschöpfung – das ist ein System, das à la longue nicht halten kann. Und das ist auch ein Grund, warum ich mich beim Tauschkreis engagiere, wo wir als Währung eine Stunde haben. Die ist deutlich langfristiger angelegt, und sehr wertstabil :)

 

Was ist Gemeinwohl für dich?

 

Dieser Spruch, den ja viele Wandel-Organisationen haben: „ein gutes Leben für alle“, der ist auch mir wichtig. „Für alle“, das heißt: auch in anderen Ländern, und auf diesem einen Planeten, und für zukünftige Generationen. Für mich bedeutet das auch, dass ich ein Leben in Fülle habe! Und damit meine ich nicht „Konsum auf Teufel komm raus“. Kann man auch ausprobieren, aber da kommt man relativ bald drauf, dass man nachher immer Schädelweh hat vom Fortgehen und zu viel trinken, und dass einem schlecht ist von zu viel essen usw. Also das geht auf Dauer nicht gut. Viele Sachen besitzen, Autos und so, ist auch heikel. Man verbringt oft mit der Wartung sehr viel Zeit – die dann für den Genuss fehlt, für den man die Dinge eigentlich angeschafft hat ...

Mir fallen beim Stichwort Fülle z.B. meine Obstbäume ein – das ist ein Wahnsinn, was die für eine Fülle produzieren. Und die stehen auf einem Boden, der seit 30 Jahren ungedüngt und ungespritzt ist, voll biodynamisch! Fülle heißt auch, Potenziale und unsere Talente erkennen und entwickeln zu können, die Zeit zu haben sich auszuprobieren und was Leiwandes zu machen – statt 40 Stunden mit Scheuklappenblick zu arbeiten.

 

Dürfen wir noch etwas mehr über dich erfahren, und wo du dich – neben der Genossenschaft für Gemeinwohl – noch engagierst?

 

Ich bin Beamter beim Land Niederösterreich und Gemeinderat in Gablitz mit ein paar Funktionen: Umweltgemeinderat, Biosphärenparkbotschafter ... Nebenbei habe ich ein paar landwirtschaftliche Flächen, die ich betreuen darf: einen kleinen Wald und einen Fischteich im Weinviertel, das macht mir sehr viel Spaß. Und dann bin ich noch bei ein paar Vereinen bzw. Arbeitsgruppen aktiv. Es ist Gott sei Dank nicht immer alles gleichzeitg dran! Zur Zeit sind es halt besonders der Tauschkreis, die Foodcoop Wienerwald und eine im Aufbau befindliche Gruppe mit dem vorläufigen Namen „Wandelwerk Wienerwald“. Mit dieser möchte ich die Anliegen von Transition Towns, dem Verein SOL, der Genossenschaft für Gemeinwohl und dem Tauschkreis miteinander verbinden. Die Aktion Mitmach-Regionen, über die wir auch gefördert werden können, kommt da gerade super ins Spiel! Bei den Mitmach-Regionen geht es um die große Transformation, die wir brauchen – und die konkret festzumachen in der jeweiligen Region, in unserer Lebenswelt. Gemeinsam mit ein paar anderen Leuten wird man aktiv und schaut, in welchem der vorgeschlagenen vier Themenbereiche Ernährung, Mobilität, Finanzen & Wirtschaft und sozialer Zusammenhalt man etwas tun will. Ohne, dass die „hohe“ oder lokale Politik einmal vorher ja sagt!

 

Das klingt sehr gut!

 

Ja! Und mit welcher Haltung gehen wir in unsere Aktivitäten? Da gibt es ganz verschiedene Zugänge, und ich würde jetzt nicht behaupten, dass der eine vielleicht besser als der andere ist. Ich fühle mich nur sehr wohl mit meinem Zugang, den ich von einer Religionsphilosophin gehört habe, nämlich dass wir einen Auftrag haben, an der Vollendung der Welt zu arbeiten. Dieser Begriff hat mir so gut gefallen ... Wir werden das vielleicht nie erreichen, ich weiß auch nicht, wie diese Vollendung ausschauen könnte. Aber die Richtung ist ganz klar. Dass wir z.B. in der Landwirtschaft den Boden erhalten müssen oder Humus aufbauen. Ohne Frieden geht es auch nicht, und mit einem kaputten Klima geht es auch nicht. Und es geht nicht, dass man die anderen Leute dauernd ausnutzt. Und damit ist einfach so viel so klar, und das finde ich schön.

 

Danke für das Gespräch!