Nachhaltig veranlagen: "Geld kann ein Geschenk für die Welt sein"
Nachhaltig veranlagen: "Geld kann ein Geschenk für die Welt sein"
Immer öfter werden Anfragen an uns herangetragen, bei denen es um nachhaltiges Veranlagen größerer Geldsummen geht – ein offensichtlich brennendes Thema.
Wir haben zwei Expert*innen gebeten, uns mögliche Herangehensweisen zu skizzieren: Katharina Muner Sammer von der ÖGUT (Österreichische Gesellschaft für Umwelt und Technik) und Alfred Strigl, langjähriger Nachhaltigkeitsberater u.a. für Banken und aktuell Vortragender in unserem Lehrgang Geld und Gemeinwohl.
Wo fängt man also an, sich Orientierung zu holen?
„Freue dich erst einmal, dass du eine größere Geldsumme „übrig“ hast.“, beginnt Alfred Strigl seine Ausführungen. „Geld kann ein Geschenk für die Welt sein, wenn es sinnstiftend, freudemachend und dauerhaft nachhaltig eingesetzt wird. Die drei großen Qualitäten, wie du mit Geld umgehen kannst, sind Geben, Leihen, Schenken. Geben heißt, sich etwas Sinnvolles kaufen und gönnen, das kann ein nachhaltiges Produkt (Kleidung, Essen, Schmückendes) oder auch eine Dienstleistung (eine gute Massage, ein Training oder eine Reise) sein. Leihen heißt, Geld zu geben für gute Zwecke, für eine bestimmt Zeit, damit aus deinem Geld durch das Weiterreichen in eine Unternehmung in der Welt etwas Positives geschieht. Und drittens kannst du dein Geld verschenken, ja schenken, einem guten Zweck, einer NGO, Menschen, die damit etwas Frisches, Befreiendes machen.
Katharina Muner-Sammer wird für den Bereich des „Leihens“ konkret: „Um eine größere Summe Geld im Sinne des gemeinwohlorientierten Wirtschaftens zu veranlagen, empfiehlt es sich, das Gespräch mit einer geeigneten Finanzberater*in zu suchen. Finanzberater*innen, die sich im Bereich der nachhaltigen Veranlagung auskennen, sind beispielsweise auf der Homepage www.gruenesgeld.at der Österreichischen Gesellschaft für Umwelt und Technik (ÖGUT) auf Initiative des Klimaschutzministeriums (BMK) gelistet. Natürlich bieten sich auch Gespräche mit Alternativbanken an, die einen nachhaltigen Schwerpunkt aufweisen. Das Vorzeigebeispiel in Österreich ist hier das Umweltcenter der Raiffeisenbank Gunskirchen.“
Auf die Frage nach der Vertrauenswürdigkeit bestimmter Angebote und wie man sie erkennt, meint Katharina Muner-Sammer: „Derzeit ist es noch möglich, 'Nachhaltigkeit' auf Veranlagungsprodukte draufzuschreiben und sein eigenes Nachhaltigkeitsverständnis hineinzupacken. Aber es gibt Nachhaltigkeitslabels, die einen bestimmten Qualitätsstandard garantieren. Hier ist das Österreichische Umweltzeichen für Finanzprodukte zu nennen, dieses zeichnet mittlerweile Nachhaltige Fonds, Themen- und Immonilienfonds, Green Bonds und Giro- und Sparprodukte aus. Die Einhaltung der Nachhaltigkeitskriterien erfolgt über den Verband für Konsumenteninformation (VKI) im Auftrag des BMK. Auch das FNG-Siegel ist hier als vertrauenswürdiges Nachhaltigkeitslabel zu nennen.“
Alfred Strigl nennt dieselben Erkennungsmerkmale von Vertrauenswürdigkeit und ergänzt: „Du kannst dein Geld auch gut in Projekte wie Solaranlagen, Windräder etc. investieren, also in Crowd-Investment-Modellen bzw. Bürgerbeteiligungsmodellen. Das hängt ganz von deiner Kreativität, deiner Freude und deinem Spielsinn für den Wandel in der Welt ab. Denn solche Modelle brauchen oft Engagement, Zeit und eine gewisse Risikobereitschaft. Auch bieten Gemeinschaftsprojekte Modelle wie Vermögenspools an. Oder du gibt ein (zinsloses) Darlehen an ein Unternehmen deines Vertrauens in deiner Region. Hier solltest du vor allen dein Herz (und deine Freunde) befragen. Das Gute liegt oft sehr nah.“
Möglicherweise überraschend: Für Alfred Strigl persönlich gibt es nur sehr wenige eindeutige „Drop-Outs“: „Finanzierung der Atomkraft oder der Rüstungsindustrie sind so etwas. Glückspiel, Tabak, grüne Gentechnik, Kinderarbeit, fossile Brennstoffe und einiges mehr muss man sich für eine weitere Negativ-Auslese genauer anschauen. Bei Staatsanleihen sind Themen wie Todesstrafe und kriegerische Handlungen mögliche Ausschlussgründe für mich. Ein schlechtes Bauch- und Herzgefühl sollte aber immer ein Ausschlussgrund sein. Zum Glück haben wir Menschen alle Hausverstand und Gewissen.“
Für die vorsichtigen Geister unter uns hat Katharina Muner-Sammer noch einen Rat: „Es lohnt sich immer, den Anbieter von nachhaltigen Veranlagungsprodukten genauer anzusehen. Ist diese Institution insgesamt glaubwürdig in ihrem Bestreben, zum Gemeinwohl beizutragen? Vorsicht ist bei Veranlagungsprodukten geboten, die eine sehr hohe Performance versprechen, undurchsichtig bzw. hochkomplex dargestellt sind. Eine hohe Rendite bedeutet gleichzeitig auch ein hohes Risiko für die Anleger*in.“
Zum Abschluss konnten wir Alfred Strigl vier konkrete Tipps entlocken:
- Führe mit einer seriösen Berater*in wie beispielsweise Max Deml oder Wolfgang Pinner ein Gespräch und informiere dich über seine*ihre Möglichkeiten.
- Eröffne ein Konto beim Umweltcenter der Raiffeisenbank Gunskirchen. Hier wird dein Geld sicher nachhaltig veranlagt. [Anm. der Redaktion: gerne über www.gemeinwohlkonto.at]
- Teile dein Geld auf und setze nicht alles auf eine Karte. Vielleicht magst du einen Teil deines Geldes auch in eine faire Kryptowährung investieren, wie den FairCoin aus Vorarlberg.
- Um gut und frei mit deinem Geld umzugehen empfiehlt es sich eventuell auch, sich und seine Beziehung zu Geld anzuschauen. Hier sind die Trainings bei Sylvia Brenzel und mir nach dem Peter-Koenig-System wärmstens zu empfehlen.
PS: Unsere Akademie hat zum Thema "Nachhaltig veranlagen" vor kurzem einen Online-Workshop abgehalten (ein ausführlicher Nachbericht wird in Kürze hier erscheinen). Er entstand als Initiative von aktiven Genossenschafter*innen aus der Regionalarbeit unseres „Arbeitskreis Gemeinschaft”, und er war sehr gut besucht. Wir werden das Angebot beibehalten – neue Termine werden auf der Akademie-Website veröffentlicht.